
Erfolgreich, nachhaltig, regional
Landrat Ben Schwarz zu Besuch bei Firma Kerling Kunststofftechnik
Stand: 07.06.2025
Irgendwann hat Thomas Kerling aufgehört zu zählen, wie oft er die Maschinen in seiner Produktionshalle schon hin und her geschoben und neu arrangiert hat. „Wir platzen aus allen Nähten“, sagte der Geschäftsführer des gleichnamigen Rednitzhembacher Unternehmens beim Rundgang mit Landrat Ben Schwarz zwischen Freude und Frust.
Freude, ist der „Zwang“ zur Expansion doch ein Zeichen, dass der Familienbetrieb floriert. Frust, weil Thomas Kerling dies gerne am Standort tun würde, ihm aber von unterschiedlichen Seiten aus immer wieder Steine in den Weg gelegt wurden. Umso mehr schätzt er den Austausch mit Landrat Ben Schwarz, der nicht nur ein offenes Ohr für die Sorgen der Unternehmer hat, sondern sich auch aktiv dafür einsetzt, gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden. Gleichwohl hörte Schwarz mit Bedauern, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht einmal sicher ist, ob die neue Fertigung im Landkreis gebaut werden wird. „Das würde auch uns treffen“, bekräftigte er.
Knapp 100 Mitarbeiter hat der Spezialist in Sachen Leistungshalbleiterelektronik und Kunststoff aktuell. Bei letzterem ist „Kerling“ vor allem in Sachen Flammschutz Vorreiter – entscheidend beim Einbau beispielsweise in Windkraftanlagen. Auf einem weiteren Sektor ist der Familienbetrieb spitze: Bei der Verbindung Kunststoff und Metall macht den Rednitzhembachern kaum einer etwas vor. Ein Vorteil auf einem hart umkämpften Markt.
Wie auch Flexibilität, Schnelligkeit und individuelle Lösungen, die nicht zuletzt der eigene Formenbau ermöglicht. Der könnte – sehr zur Freude von Ben Schwarz – durchaus das Siegel „original regional“ tragen, denn „da arbeiten wir ausschließlich mit regionalen Partnern zusammen“, verdeutlichte Thomas Kerling. Anders ausgedrückt: „Von uns geht kein Werkzeug zur Weiterverarbeitung nach China.“
Diese Wertschöpfungskette beeindruckte den Landrat nicht zuletzt bezüglich in ihrer Tiefe. Zugleich betonte er, dass Mittelständler wie die Firma Kerling mitsamt „kurzem Weg zum Geschäftsführer“ das Rückgrat der Wirtschaft und speziell eine Stärke des Landkreises seien.
Betriebsbesuche wie der in Rednitzhembach sind Landrat Ben Schwarz wichtig. „Ich möchte aus erster Hand hören, wie es den Unternehmen, ihren Verantwortungsträgern und den Mitarbeitern geht“, formulierte er seinen Anspruch. Zudem vertrat Schwarz eine Botschaft: „Arbeit und ein erfülltes Leben schließt sich nicht aus.“ Er wünschte, dass sich die Menschen wieder mehr mit ihren Tätigkeiten identifizieren – das würde, weitergedacht, zu mehr Zufriedenheit führen, Beruf wieder mehr Berufung werde und alle produktiver würden. „Wir sollten erkennen, wo wir ansetzen sollten.“
Kein Austausch ohne Blick auf die kleine und große Politik. Ben Schwarz nahm Kerlings Anmerkungen und Kritikpunkte zu Mindestlohn („da hängen Endlosschleifen und eine Spirale nach oben dran“) offen und größtenteils teilend mit. Zum Denken gab auch die Erkenntnis, dass „früher die Berufsgenossenschaft alles abgedeckt hat und nun für jeden Bereich ein einzelner Beauftragter zuständig ist“. Thomas Kerling machte aus seinem Herzen keine Löwengrube: Für ihn ist der Mittelstand aktuell der ausgemachte Sündenbock.
Mehr Gedanken als um „sein“ Wohl macht sich Thomas Kerling um den Standort Deutschland. „Wir sind gerade dabei, uns selbst abzuschaffen.“ Ein Satz, den Landrat Ben Schwarz und Felix Lehnhof, der ihn als Geschäftsführer der Unternehmerfabrik begleitete, in Anbetracht ähnlicher Rückmeldungen und eigener Erfahrungen (Stichwort Bürokratie) „leider“ bestätigen mussten.
Themenwechsel: Seit rund dreieinhalb Jahren ist das Unternehmen 100 Prozent klimaneutral, berichtete Thomas Kerling nicht ohne Stolz. Möglich wurde dies dank des Ökostroms der eigenen PV-Anlage. Überhaupt ist der Anspruch in Sachen Umweltschutz hoch. So wird für die Kühlung der Maschinen möglichst Regen- statt Frischwasser eingesetzt und etliche E-Autos im Einsatz hat. Verwendet werden sämtliche thermoplastische Kunststoffe außer PVC. „Mein Vater hat schon grün gedacht“, ordnete der gelernte Werkzeugmacher und Formenbauer ein. Ein Ansatz, der Ben Schwarz Respekt abrang: „Auch das ist ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein.“
Kerling Kunststofftechnik GmbH - so der offizielle Name - kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Aus einer seit 1966 bestehenden Partnerschaft gründete Thomas‘ Vater Karl 1981 nach 15 Jahren Erfahrung eine neue, eigene Firma, damals in der Ziegelstraße in Rednitzhembach – heute noch der zweite Standort. Als der zur Jahrtausendwende nicht mehr erweiterbar war, kam der Neubau mit rund 4500 Quadratmetern Produktionsfläche in der Ohmstraße hinzu.
Die Kundenliste des Familienbetriebs darf sich „von“ nennen: Infineon AG, Semikron Danfoss GmbH & Co.KG, Knorr-Bremse, Porsche oder Bosch. Insgesamt gehen viele Teile in die Leistungselektronik auch für E-Automobil in die Automobilindustrie. Schlägt die Krise bis zu Kerlings durch? „Wir spüren das, weil wir aber breit aufgestellt sind, können wir das handeln“, betont der Chef der rund 100 Mitarbeiter – viele von ihnen sind seit vielen Jahren dabei, haben schon da gelernt.
Thomas und Viktoria Kerling, die sich als studierte Betriebswirtin im Meer der Zahlen einbringt, wissen, was sie an ihren Fachkräften haben und versuchen, entsprechend zu agieren. Das schließt ein, sich für einen afghanischen Auszubildenden „aus dem Fenster zu hängen“, wie die Abenbergerin eine entsprechende Aktion vor einigen Jahren umschreibt.
Auch zu vielen Kunden ist die Bindung eng und lang. Neben maßgeschneiderten Produkten haben die Chefs – Sohn Felix ist schon prozentual beteiligt – höchste Ansprüche an Qualität und Service. „Der endet nicht mit der Auslieferung des Teils.“
Aktuell zählt die Firma zwei Lehrlinge in ihren Reihen, „wir hätten gerne mehr“. Möglichkeiten und Perspektiven gäbe es: Verfahrensmechaniker, Mechatroniker, Werkzeugmechaniker, der kaufmännische Bereich… Das hörte vor allem auch Felix Lehnhoff gerne. Der kann zu einer Ausbildung in einem familiengeführten Betrieb wie dem der Kerlings nur raten. „Gerade da wirst du als junger Mensch ganz anders herangeführt – im positiven Sinne.“