Emotionale Einblicke: Demenz im Alltag

Ein Fernsehdreh zeigt die Herausforderungen pflegender Frauen im Landkreis
Stand: 12.07.2025

Am Ende des Tages ist es schwer zu sagen, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Halb voll könnte es sein, weil sich drei Frauen mit viel Liebe und Zeitaufwand um ihre demenziell erkrankten Männer kümmern. Halb leer, weil Hilfe, Verständnis und Unterstützung oft nicht reichen, um ihnen mehr als vereinzelte Momente der Ruhe zu verschaffen. Ein Beitrag des Franken-Fernsehens in dieser Woche wollte genau diesen Spagat beleuchten – und hat dann noch eine ganze Menge mehr offenbart.

Ein eigenes Leben oder gar ein gemeinsames, Zeit für Hobbies, die eigenen Bedürfnisse? Totale Fehlanzeige, kommen die drei Frauen unabhängig voneinander überein, die Petra Lobenwein von der Landkreis-Fachstelle für pflegende Angehörige der diakoneo zum Thema angefragt hatte, als die entsprechende Medienanfrage bei ihr eingetrudelt ist. Der regionale Fernsehsender wollte sich – und damit seinen Zuschauern – aus erster Hand einen Eindruck verschaffen, was die Diagnose Demenz bedeutet.

Nämlich nichts Geringeres als „der Verlust unseres gemeinsamen Lebens“, verdeutlicht Marianne, deren Mann Helmut vor fünf Jahren die Diagnose Demenz bekam. Mittlerweile ist der heute 76-Jährige orientierungslos, ständig unruhig, inkontinent, erkennt Alltagsdinge wie Messer und Gabel nicht mehr – für ein Gespräch schon lange nicht mehr zugänglich. „Das tut mir in der Seele weh“, erzählt sie sichtlich bewegt. Nie im Leben hätte sie sich vorstellen können, „was da auf mich zukommt“. Eigene Wünsche hat die Bernloherin schon lange nicht mehr. „Man geht seelisch schon ganz schön kaputt.“

Dazu gesellt sich eine bittere Erkenntnis. „Es gibt keine Zukunft mehr und für meinen Mann auch keine Vergangenheit, er kann sich an nichts mehr erinnern.“ Hinzu kommen brenzlige oder herausfordernde Situationen, „er läuft ohne Schuhe und Jacke im Winter einfach weg“, erzählt eine der Frauen.

Umso wichtiger ist es, kommen die Partnerinnen überein, dass es Personen wie Petra Lobenwein oder Anlaufstellen wie den Pflegestützpunkt Roth (angesiedelt im Gesundheitszentrum I in unmittelbarer Nähe der Kreisklinik) gibt. Sie ermöglichen etwa durch die Vermittlung einer ehrenamtlichen Betreuerin oder einen Platz in der Tagespflege „ein paar Stunden an sich zu denken oder durchzuatmen“. Oder, wie es eine andere Angehörige beschreibt, „wir sind froh, dass uns engagiertes Personal kompetent und noch dazu liebevoll zur Seite steht“. Lobenwein kümmere sich um die Anliegen und „findet immer eine Lösung“, ist auch die dritte Interviewpartnerin voll es Lobes.

Nachdem sich sein Zustand deutlich verschlechtert hat, lässt Ingrid ihren Lebensgefährten Werner nicht mehr allein. Was für die Nürnbergerin bedeutet, mehr und mehr Zeit in Roth und damit noch weniger für sich zu haben. Schweren Herzens wird sie demnächst aus dem Schwimmverein austreten, in dem sie 37 Jahre Mitglied war. „Es geht nicht mehr.“ Ihr Partner brauche „Hilfe zum Leben, Waschen, Rasieren, Anziehen…“ Wie Marianne tut sie das Alles gerne, „man liebt den Menschen ja“. Einfach ist es dennoch nicht.

Eine Frau aus Kleinschwarzenlohe ist die dritte, die sich bereit erklärt hat, über das Thema vor laufender Kamera zu sprechen. Seit sechs Jahren wissen sie und ihr Mann, früher Unternehmer, um seine Alzheimer-Erkrankung, „seit drei Jahren ist keine Kommunikation mehr möglich“, berichtet sie. Was ihren Alltag erschwert: „Er will sich nicht helfen lassen“. Das befeuert die Sorge, es irgendwann zuhause nicht mehr alleine zu schaffen.

Freunde und Gesellschaft würden sich zurückziehen, beschreibt sie ihre Erfahrungen. „Mit der Krankheit kommt keiner klar.“ Für ihre Situation findet sie drastische Worte. „Das Gefangen-Sein ist das Schlimmste.“

Moderatorin Svenja Deppisch fragt nach, was den Frauen helfen würde. Eine Tagespflegeeinrichtung, die auch demenziell Erkrankte mit „Weglauftendenz“ aufnimmt, wünscht sich Marianne. Ingrids Partner kann zwar stundenweise untertags anderweitig betreut werden, aber jemand, der über Nacht bliebe, wäre ein Traum. „Dann hätte man mal einen ganzen Tag frei.“  Und natürlich sind da die Gedanken, wie es finanziell eines Tages aussieht, wenn die Männer ins Heim müssen.

Petra Lobenwein kennt alle diese Geschichten und kann im Großen wie im Kleinen unterstützen. Angehörigen etwa rät sie als Erstes, den Patienten mit einem Lächeln und warmer Stimme zu begegnen, so dass er sich angenommen fühlt, sowie ihnen Zeit zu geben, Tempo rauszunehmen. „Die kommen sonst einfach nicht mit“, was wiederum Frust oder Aggressivität auslösen kann.

Konkrete Hilfen zu vermitteln, gehört ebenso zum täglichen Geschäft der Expertin. Sei es eine ehrenamtliche Betreuung für ein paar Stunden oder eine Haushaltshilfe, die für Entlastung an anderer Stelle sorgt. Was sehr gut angenommen wird: Die regelmäßigen Gesprächsrunden für Angehörige. Die werden aktuell so gut angenommen, dass die Familiengesundheitstrainerin über eine Teilung der Gruppe nachdenkt. Neben dem „Mal-rau-Kommen“ weiß sie um einen weiteren Vorteil: „Ich kann schon viel sagen, aber wenn ein Ratschlag oder eine Erfahrung von Mit-Betroffenen kommt nach dem Motto: Probier‘ das doch mal, das hat und geholfen, ist das oft noch mehr wert.“

Moderatorin Svenja Deppisch imponiert, mit welcher Offenheit die Frauen über sich, die Krankheit und ihr Leben sprechen. „Ich finde, Sie leisten eine Wahnsinnsarbeit“, gibt sie dem Trio am Ende mit auf den Weg.  

Der dreiminütige Beitrag wurde noch am Drehtag in der Frankenschau ausgestrahlt, ist aber in der Mediathek zu finden. Unten der Link zum Beitrag in der Mediathek:

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