
Hospizarbeit ist ihr Steckenpferd
Mit Hedda Spiers hat der Landkreis erstmals eine Netzwerkkoordinatorin Hospiz
Stand: 09.03.2025
Eine sterbenswichtige Aufgabe
Das Thema ist der Schwanstettenerin eine Herzensangelegenheit
Ihr Lächeln ist ansteckend. Dabei scheint es auf den ersten Blick gar nicht zu Hedda Spiers‘ Jobbeschreibung oder dem Arbeitsalltag zu passen, schließlich ist der Tod seit vielen Jahren ihr ständiger Begleiter. „Hospizarbeit ist mein Steckenpferd“, sagt die Schwanstettenerin aus tiefstem Herzen. In dieser Mission hat sie nun am Landratsamt eine neue, wichtige Aufgabe gefunden.
Netzwerkkoordinatorin in Sachen Hospiz, das ist der etwas sperrige Begriff für die Stelle, die die 56-Jährige stundenweise zum 1. Februar angetreten hat – und doch trifft er den Kern. Denn: „Wir müssen unbedingt bekannter machen, über welche Versorgungs- und Begleitmöglichkeiten wir am Lebensende verfügen.“ – sprich netzwerken. Spiers ist überzeugt: „Es gibt da draußen immer noch Menschen, die am Lebensende besser begleitet werden könnten.“ Deswegen will sie in Heimen, bei Ärzten oder auch Seniorengruppen für das Thema sensibilisieren.
Der Landkreis ist in Person von Günther Wittmann, Geschäftsführer der Gesundheitsregion plus, sehr zufrieden, dass Spiers „bei uns“ angeheuert hat. Möglich wurde die neue Stelle durch das unter der Trägerschaft des BRK geplante stationäre Hospiz am Brombachsee. Das entsteht zwar erst ab dem späten Frühjahr und soll im Sommer 2026 den Betrieb aufnehmen, mit Vorarbeiten und „Bekanntwerden“ muss aber schon jetzt begonnen werden.
Letzteres deckt sich zu 100 Prozent mit der persönlichen Mission der gelernten Krankenschwester. „Wir müssen über die Unterstützungsangebote am Lebensende noch viel mehr Wissen verbreiten“, ist die Fachfrau überzeugt. Es gibt eine Vielzahl von Angeboten, führt sie aus: Hospize, Palliativ Care Pflegekräfte, Ärzte mit Palliativ Care Weiterbildung, die Palliativstation an der Kreisklinik, Palliativ Teams in Krankenhäusern, das SAPV-Team (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) der Region, das Todkranke zu Hause und in den Pflegeheimen medizinisch betreut. Und es gibt Hospizbegleiter, derzeit 37, die in ehrenamtlichen Diensten des Hospizvereins Landkreis Roth stehen und sterbenskranke Menschen und deren Angehörige zu Hause, in den Heimen und auf der Palliativstation begleiten.
Der Hospizverein ist zugleich gewissermaßen die Schnittstelle. Auch dort ist die Mutter dreier erwachsener Kinder seit vergangenem Jahr als Koordinatorin angestellt. Was sie zeitlich, räumlich und organisatorisch zwar trennt, was inhaltlich aber sicher ein Gewinn ist, so kann sie quasi mit sich selber netzwerken. Vor dem Wechsel in die Koordination war die 56-Jährige zuletzt als Palliativ-Fachkraft in einem Hospiz und als Koordinatorin in einem ambulanten Hospizdienst tätig.„Neben allem Menschlichen auch fachlich beste Voraussetzungen“, sagt Günther Wittmann über die neue Kollegin.
Die soll in naher Zukunft im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ein Pendant bekommen, um die Arbeit rund um das künftige Hospiz in Pleinfeld gemeinsam in die Region heraustragen.
Wenngleich schon das ein oder andere zu dem Projekt bekannt ist, „muss die Einrichtung in den Köpfen der Menschen ankommen“, meint Spiers. Von all den Ängsten, Hemmnissen und Vorurteilen will sie vor allem mit einer Sache aufräumen. Immer wieder höre sie, dass „palliativ“ ja bedeute, dass „nichts mehr gemacht werde“. Genau das Gegenteil ist der Fall, betont sie mit dicken Unterstrichen. „Dann wird sich nämlich besonders gekümmert!“ Geht es dem Lebensende entgegen, geht es – neben der bestmöglichen medizinischen Versorgung – darum, dem Betroffenen die letzten Tage, den Abschied gut zu gestalten. Das kann das Besorgen des Lieblingseis‘ sein, Tannennadel-Duft zu besorgen, weil es an den geliebten Wald erinnert, das Vorlesen aus einem alten Tagebuch oder einfach nur „da zu sein „. „Erlaubt ist, was gut tut.“
Eine Herzensangelegenheit der gelernten Krankenschwester ist es, die Pflegeheime noch mehr in der Hospizarbeit zu unterstützen. Hier wird besonders viel wertvolle Arbeit seitens der Pflegekräfte geleistet. Deswegen will sie unter anderem „raus“ in die Heime, um gemeinsam mit den Heimen zu schauen, wie Pflegekräfte in der Begleitung sterbender Menschen gestärkt werden können.
Und sie möchte Angebote „an den Mann oder die Frau bringen“. Letzte Hilfe-Kurse oder die Möglichkeit, sich zur Hospizbegleiter ausbilden zu lassen. Oft sind das übrigens Menschen, die zuvor einen Angehörigen oder engen Freund begleitet haben. Sie alle sind zudem Multiplikatoren, „von denen können wir nicht genug haben“.
Zudem möchte sie ein Bewusstsein schaffen für das Thema, „und zwar nicht erst, wenn man damit konfrontiert ist“. Das muss noch nicht einmal unmittelbar sein, es kann den Nachbarn treffen. Plötzlich ist der Umgang mit dessen Frau vor der Haustür schwierig. Manche schauen dann weg aus Sorge, was Falsches zu sagen. „Nichts Sagen ist schlimmer“, weiß Hedda Spiers. Und wenn es nur der Satz ist: „Es tut mir leid“ oder die Frage: „Kann ich mit irgendetwas helfen?“. Frau Spiers ist sicher: Kommt das Thema Sterben in der Gesellschaft (wieder) an – für sie Wunsch und Ziel zugleich –, werden solche Situationen einfacher werden.
Im Umgang mit Sterbenden lautet ihre Prämisse: die Angst vor dem Sterben können wir nicht nehmen, aber wir können begleiten und da sein, sowohl die Angehörigen als auch für die Betroffenen.
Bei den Angehörigen ist ebenso oft Aufklärungsarbeit nötig. Hedda Spiers hat, wie viele andere ehrenamtlich tätigen Sterbegleiter, schon oft erlebt, dass Hilfe abgelehnt wird nach dem Motto: „Ich schaff‘ das schon“ oder statt einer Begrüßung die geknickte Aussage kommt, „die Wohnung ist nicht geputzt.“ Auf das komme es aber nicht an, betont die dreifache Mutter. Wichtig sei einzig und allein, dass es dem Sterbenden „gut“ geht und nicht, ob aufgeräumt ist…
„Hilfe anzunehmen zeugt in so einer Situation von Stärke“, ermutigt sie. Für eine Hospizbegleitung etwa brauche es keine ärztliche Verordnung – das ist vielen nicht bekannt. Die 56-Jährige lächelt bei diesem Hinweis – da ist sie wieder, die Schnittstelle zum Hospizverein. Auch da wieder das Thema: Bekannt(er) werden. Zwar werde von Familienmitgliedern oder Freunden oft wahrgenommen, dass es mit dem Patienten zuhause nicht gut laufe, weiter wissen sie aber nicht. Das will Hedda Spiers ändern.