Was für Wiesen!
Gewinner der diesjährigen Landesmeisterschaft kommt mit Familie Gerstner aus dem Landkreis
Stand: 09.07.2025
Siegerehrung im Landratsamt
WIR sind Wiesenmeister! Zumindest darf sich der Landkreis dank der Familie Gerstner ein wenig so fühlen. Die Eysöldener holten erstmals den Titel des landesweiten Wettbewerbs nach Roth – nicht die einzige Premiere und nicht die einzige starke Leistung.
Denn auf Platz vier des Gemeinschafts-Contests der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und dem Bund Naturschutz (BN) landeten mit Doris und Wolfgang Grimm weitere Landwirte aus Thalmässing. Acht der 27 Betriebe, die sich aus dem östlichen Mittelfranken – dem diesjährigen Gebiet – beworben hatten, kamen aus dem Landkreis Roth. „Ein großer Erfolg“, waren sich Anna Schön von der Unteren Naturschutzbehörde und Stefan Forster von der Kreisentwicklung, der die Siegerehrung ans Landratsamt geholt und organisiert hatte.
Bei der sorgte erst einmal der Posaunenchor Kiliansdorf für einen festlichen Rahmen, ehe den eingeladenen Teilnehmern, Preisträgern und Gästen die Bedeutung des Ganzen so richtig bewusst wurde. Zeige der nunmehr 15. Wettbewerb doch sowohl nach Meinung von LfL-Präsident Stephan Sedlmayer als auch von BN-Ehrenvorsitzemden Dr. Hubert Weiger eindrucksvoll, „Landwirtschaft und Naturschutz nicht in Widerspruch stehen müssen“. Weiger appellierte zudem, „das Gemeinsame, nicht das Trennende zu sehen“ – ein Blickwinkel, der nicht nur dem Thema, sondern der Gesellschaft als solcher gut täte.
„Sie stehen hier und heute zurecht im Mittelpunkt und Sie sind alle Wiesenmeister“, wandte sich Stephan Sedlmayer an die Teilnehmer, schließlich übten sie eine verantwortungsvolle Aufgabe in Sachen Klima- und Gewässerschutz aus uns würden mit Leidenschaft und Erfahrung Paradiese für Pflanzen und Tiere schaffen.
Stellvertretender Landrätin Ursula Klobe war die Freude über den Anlass – die Preisverleihung hatte zuvor noch nie im Landkreis stattgefunden – wie den vollen Sitzungssaal anzumerken. Endlich wären die kleinteiligen Strukturen in der Region einmal nicht nachteilig, sondern würden als Vorteil ausgelegt. „Sie leisten wichtige, wertvolle Arbeit“, richtete sie Dank und Anerkennung in die Runde. Wer Wiesen und Weiden pflege, tue Gutes für Auge und Gesundheit, für Werte- und Wissensbewahrung und Lebensqualität.
27 Betriebe hatten sich in diesem Jahr für das Gemeinschaftsprojekt beworben. Eine siebenköpfige Jury aus Naturschutz- und Landwirtschaftsexperten bewertete ihre Wiesen „auf dem Papier“ nach Artenvielfalt, Kulturlandschaftswert und nach landwirtschaftlichen Kriterien wie Futterertrag und Nutzungskonzept. Von den fünf Wiesen, die in die engere Auswahl kamen, machten sich die Juroren ein persönliches Bild. „Spannende Gespräche inklusive“, berichtete BN-Agrarreferentin Rita Rott, die den Festakt moderierte.
In dieser Rolle fühlte sie dann auch Karl-Heinz Gerstner und seiner Tochter Barbara Frank zu ihrer Siegerfläche in Pyras auf den Zahn. Die und 8,3 Hektar punktete vor allem mit großer Artenvielfalt – über 60 Blütenpflanzen konnten die Experten notieren. Der Familienbetrieb mit Schafhaltung und -zucht im Nebenerwerb bewirtschaftet fast ausschließlich Grünland. Barbara Frank erklärte die Philosophie. „Kein Tier verlässt den Hof lebend.“ Bedeutet: eigene Schlachtung und Direktvermarktung. Ihr Vater brach zudem eine Lanze für alte Nutztierrassen. „Die Pflanzen sind auf sie angewiesen.“
Für Doris und Wolfgang Grimm nahm Sohn Steffen den vierten Preis entgegen. Ausgezeichnet wurde die Familie, die ebenso im Nebenerwerb rund 300 Schafen und 100 Ziegen halten, für eine rund einen Hektar große Wiese in Eysölden mit altem Streuobstbestand. Sie wird seit rund zehn Jahren extensiv beweidet. Zu den ersten Gratulanten zählte Thalmässings Dritte Bürgermeisterin Eva Dorner, die sich „sehr, sehr stolz“, zeigte, traten aus „ihrem“ Ort doch sogar sechs Landwirte an. „Wir haben hier ganz tolle Betriebe“, stellte sie heraus.
Abgerundet wurde der Festakt mit einem Vortrag von Dr. Gisbert Kuhn vom Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau, der auf die Bedeutung artenreichen Grünlands speziell im Klimawandel verwies. „Je mehr Arten wir haben, desto größer die Chance, dass welche da sind, die mit den neuen Anforderungen klar kommen“, verdeutlichte er. Vor Augen führte er auch die Rolle des Grünlands für Grundwassererneuerung („die Wiese, nicht der Wald ist entscheidend“), Bodenschutz (Stichwort Erosion und Platzregen) sowie Biodiversität. „Man denke nur an all die Tierarten, die von diesen Pflanzen leben.“ Zu guter Letzt hätten auch Luft, Umwelt und Mensch etwas davon. Bei 20 Arten auf 25 Quadratmetern (die Referenzfläche) sehe man „Grün mit Tupfen“, bei 25 werde es bunt. Die Wiesenmeisterschaft hat dazu sicher beigetragen.